Chalong Bay auf Phuket. Es ist 8:20. Der Minibus erreicht den Parkplatz, freudige Gesichter strahlen in den beginnenden Tag. Sie werden noch mehr strahlen, wenn die Sonne untergeht. „So much water and so little time“ steht auf dem T-Shirt. Tief versunken hängt der junge Mann über seiner mitgebrachten Seekarte. Hier herrscht Aufbruchstimmung mit Hauptbahnhof -Feeling. Der Zubringershuttle wartet schon und setzt sich mit seinem Akkuantrieb leise in Bewegung. Alle werden ruhiger, nun wird es spannend. Über die lange Seebrücke erreichen wir unser Schiff, ein Ausflugsboot mit kompletten Sonnenschutzsegeln und Stehhöhe auf allen drei Etagen. Das ist nicht immer so. Da gibt es andere Boote. Spätestens dann, wenn man krebsrot verbrannt und im Reisfeldgang mit Rückenschmerzen ein Boot verlässt, weiß man, welche Bedingungen für eine erinnerungswürdige und erlebnisreiche Schnorchel-Kreuzfahrt mit Hochseefischen erfüllt sein müssen. Wer also selbst mal so einen Tagesausflug erleben möchte, dem kann ich nur raten seine Koffer zu packen, in den Flieger zu springen und ab nach Thailand zu fliegen.
Das Schiff setzt sich in Bewegung. Um diese Uhrzeit ist der Andrang am Seebrückenkopf groß, wir liegen nicht in einer Schleife, sondern haben eine eigene Anlegeposition. Das ist nicht selbstverständlich. Geschickt sind Kapitän und schwedischer Eigner per Handy über unsere Ankunft in Kenntnis gesetzt worden, alles ist super organisiert. Kein Warten, kein Rumstehen, stattdessen Schuhe in die Kiste und alle gehen barfuss an Bord.
Leinen los, wir stechen in See. Kaffeegeruch durchzieht das Schiff.
Frühstück heißt, sich kennen lernen. Schweden und Deutschland ist heute angesagt. Und Walter aus Südafrika ist auch hier. Alle sind das erste Mal dabei. Viele das erste Mal in Thailand.
Wir passieren die schützenden Felsen der Chalong Bucht, auf der linken Seite lässt sich sehr gut ablesen, wie hoch der Tideunterschied hier in der Andamanen See ist. Wir haben Niedrigwasser. Das Schiff verlässt den Windschatten der vorgelagerten Inseln.
Der Kaffee ist verdaut, mancher bestellt den ersten Rotwein. Walter erzählt von seinen wissenschaftlichen Versuchen mit Haien an der Ostküste Südafrikas, Aufnahmen davon liefen schon auf Discovery Channel. Hier gibt es keine Haie, schade, denkt Walter und lehnt sich etwas gelangweilt zurück.
Die vier Hochseeangeln sind ausgefahren, zwei sind an den beidseitigen Auslegern umgelenkt. So kommt sich niemand in die Quere.
Eine der Hochseeangeln klingelt, das Schiff verlangsamt seine Geschwindigkeit. Jeder will dabei sein.
Peter aus Erfurt traut sich in den Hochseeangelstuhl. Pon, der thailändische Bootsjunge übergibt die Hochseeangel mit der 80iger Rolle, tauglich für einen 200kg Fisch. Durch starkes Anziehen und Loslassen wird der Fisch am Haken gehalten. Im Loslassen wird die Schnur immer weiter eingezogen. Eine ständige Pumpbewegung unter starker körperlicher Anspannung. Ein Fehler und der Fisch ist weg. Fast wäre alles gut gegangen, es waren doch nur noch 10 Meter. Plötzlich hängt die Schur durch, der Fisch ist entkommen. Peter fand es trotzdem gut.
Wir nähern uns Ko Racha Yai, unserem ersten Tauchstopp. Einige Boote liegen bereits vor Anker. Über den angenehm großen Schwimmausleger am Heck ist das Ein- und Aussteigen ein Kinderspiel. Die Teilnehmer verschwinden in den Fluten, nur noch Schnorchel und Badehosen sind zu sehen.
Das Wasser ist warm, die Schwimmweste hält mich oben, einen besseren Sonnenschutz gibt es nicht. In aller Ruhe lasse ich mich treiben. Kugelfische und Korallen, Schwämme und Seeanemonen, die Unterwasserwelt ist immer wieder faszinierend. 60 Millionen Jahre schon gibt es hier Korallen. Viele der Inseln von Phuket bis Phang Nga sind gekippte Korallenbänke, die hochkant aus dem Wasser ragen. In der Zeit, als das Himalaja Gebirge entstand, zerstörte hier der unglaubliche Druck die Unterwasserwelt der damaligen Riffe. Doch die Zeit danach hat alles neu gestaltet, und so entstand eines der schönsten Gebiete der Erde.
Ein Fischschwarm akzeptiert mich als großen Bruder. Überall sind Fische, rechts und links, oben und unten und ich mitten drin. Glücklich steige ich aus dem Wasser, die angeschlossene Süßwasserdusche ist sehr angenehm. Ich lege mein Equipment an die Seite und trinke ein kaltes Bier. Hier trifft türkises Meer auf schneeweißen Feinsand, der Inbegriff von Sonne, Sand und Meer. Ein unglaublicher Spot. Die kleine Felseninsel wird mit der Hauptinsel durch einen zweiseitigen Strand verbunden. Davor liegen die Korallenbänke und Fischschwärme. Niemand bleibt an Bord, nur Kapitän und Eigner schauen neidvoll auf dieses unglaubliche Lichtspiel. Die Unterwasserwelt lässt sich nicht beschreiben, das muss man einfach selbst erleben. Noch zwei weitere Spots und die Teilnehmer sind restlos glücklich. Auf der Rückfahrt werden viele Gespräche geführt, intensiv und begeistert. Nur eine kleine Gruppe steht vorne am Bug. Sie halten Ausschau nach Delfinen. Und dann ein erlösender Schrei. Ein drei Meter Rochen zieht an der Backbord-Seite seine Bahn. Farblich perfekt abgestimmt zum tiefblauen Meer. Es ging alles so schnell, so dass viele ihn nicht mehr sehen konnten. Danach sind die Sitzplätze im Inneren des Schiffes frei, wirklich alle sitzen an der Reling und halten Ausschau. Die Rückfahrt hat längst begonnen. Und dann passiert es tatsächlich. Walter hat sie zuerst gesehen. Eine Delphinschule zieht ihre Bahnen in 100 Meter Abstand vor dem Schiffsrumpf, minutenlang. Halbe Körper lösen sich aus dem Wasser und schwingen in einem gezielten Bogen abwärts, um den Schwung nutzend wieder aufzutauchen. Ein Longtailboot nähert sich und fährt mitten hindurch. Das war´s, schade.
Die Delphine bleiben hier. Wir kommen wieder. Walter auch.