Eine Brücke kann Zahnersatz sein und die Brücke war mal eine expressionistische Künstlergruppe, gegründet in Dresden 1905. Eine Brücke ist aber auch ein Bauwerk zur Überquerung von Hindernissen. Eine Brücke überspannt das Hindernis, das kann eine Straße sein, eine Eisenbahnlinie oder ein Fluss. Die südlichste Brücke Kambodschas, die Techo Marakot Bridge verbindet das Festland in der Stadt Sihanoukville mit der Insel Koh Puos, der Schlangeninsel. Sie überspannt das Meer und trennt das Volk.
Die Koh Poos Investment Group zeichnet für dieses Bauwerk. Diese Firma ist kambodschanisch, doch das gesamte Geld kommt aus Russland. Die Entscheidungen fallen dort. Geplant wurde gigantisch. Hochhäuser, Villen und Wellnessanlagen. Gigantische Sportparks und verträumte Plätze im Schatten der Betonmauern, befestigte Strände und Anlagen die weit ins Meer reichen. Eine unglaubliche dichte Betonbebauung für so eine kleine Insel. Sie ist im Privatbesitz.
Auf dem Weg zur Vollendung ist den Bauherren der Brücke so manches Mal das Geld ausgegangen. Lange dachten die lokalen Kambodschaner hier, die Brücke ist zwar hoch, aber in der Mitte zwischen den Stützpfeilern fehlt ein großes Stück. Vielleicht baut man ja so, damit die Containerschiffe hindurch passen.
Doch sie wurde fertig, eröffnet und anschließend geschlossen. Die Techo Marakot Brücke sollte ein Symbol werden für das moderne aufstrebende neue Kambodscha. Das war schon einmal so. In den Sechzigern unter Prinz Sihanouk, die Cote d’azur Indochinas. Damals war die Muttersprache der selbstsüchtigen Partner Französisch. Aus ihren Plänen wurde bekanntlich nichts. Die Massaker der Khmer Rouge machten den Hoffnungen der Franzosen ein Ende, hier eine zweite Mittelmeerküste aufzubauen, um in eigenen gesicherten Anlagen hochwertigen sonnensicheren Urlaub zu machen.
Vor ein paar Jahren kamen nun die Russen. Milliarden Gasrubel verließen das Land und suchten Geldanlagen. Was lag da näher, als mit den Befreiungsgenerälen, die vom König Land für ihre Taten erhalten hatten, einen Deal zu machen. Gigantische Pläne wurden entwickelt, gezeichnet und schließlich mit der Realisierung begonnen.
Jetzt ist alles geschlossen. Die Bebauungspläne für die Insel wurden zurückgezogen, die Brücke ist dicht. Die passende Kleinstadtanlage auf dem Festland schimmelt im tropischen Wetter. Der Yachthafen ist eingestürzt. Was werden die Kambodschaner denken, die einen Monatsverdienst haben von 60$ und nun für 12 $ mehr im Monat aktuell ihr Leben riskieren. Was denken sie über solch eine Geldvernichtungsanlage vor der Tür? Ein Symbol für unvereinbare Ziele und Lebensweisen in einem der ärmsten Länder der Welt.
Oder denken sie erst gar nicht, wie einst die verärgerten märkischen Bauern, wenn sie die Paläste und Gerichte der Herrscher in Berlin sahen? Kleinlaut gingen sie zurück in ihre Ackerfurchen. Doch die Geschichte schützt keinen Herrscher. Glaubt denn noch einer, dass ein Volk von jungen Khmer bereit ist, in tiefster Armut aufzuwachsen, seine Kinder nicht zur Schule gehen zu lassen während die Eltern traumatisiert sind durch eine unsägliche koloniale Geschichte?
In direkter Nachbarschaft zu den Blechhüten und Strohdächern der Fischer sind nunmehr Milliarden in den Treibsand gebaut worden. Die Kambodschaner werden nicht beteiligt an den Renditen der privaten Auslandsinvestitionen und sie fühlen es mehr und mehr. Irgendwann wird die Brücke offen sein. Die Tuktuk Fahrer bringen die jungen Khmer Familien an den Strand der Schlangeninsel. Die Straßenstände rechts und links auf der Brücke begleiten diese Fahrt und junge Paare finden auf ihren Motobikes den Weg in zu einem lauschigen Picknick im dichten Grün der Insel. Das wird noch etwas dauern. Denn vorerst ist die Schlangeninsel geschlossen. Der Eröffnung der Brücke an einem Dienstag folgte die Schließung an einem Donnerstag. Es war der direkt Folgende.