Das wars in Deutschland – nie wieder Winter

Die Tropen stöhnen unter der diesjährigen Hitze. Deutschland friert im langen Winter. Der April ist der heißeste Monat in Kambodscha. Dieser März wird Deutschlands kältester Monat seit 1813. Die Menschen in Deutschland ziehen vermummt ihrer Wege, hier in Kambodscha schleichen sie an den schattigen Mauern entlang zu ihren Häusern. Nur wenige haben mehr als einen Ventilator, geschweige eine Klimaanlage. Im Gegensatz zum Wetter sind die Stromkosten hier mit denen in Deutschland zu vergleichen. Bei einer Miete von 50$ kommen in heißen Monaten zusätzlich 50$ an Energiekosten zusammen. Die können viele Einheimische nicht bezahlen. Die Aircon, falls es sie gibt, bleibt aus.

Für die Menschen in Kampot an der Südküste des Landes gibt es eine Alternative. Das alte französische Bokor liegt auf 1100 Metern in den Elefant-Mountains (Elefantenbergen). Kein Ort zum Leben, aber ein angenehmer Platz zum Verweilen auf der Flucht vor der Hitze. Die Franzosen haben es immer gewusst. Unter französischer Kolonialherrschaft errichteten sie hier wegen des milden Klimas einen Ort mit Kirche und Casino, um vor den extremen Witterungsbedingungen in Phnom Penh flüchten. Es waren vor allem französische Kolonialoffiziere und ihre Familien, die hier ihre Freizeit verbrachten. Aufstände in den späten 1940ern und später die langen Jahre der Roten Khmer, die Bokor Hill noch in den 1990er Jahren als eine ihrer letzten Hochburgen nutzten, ließen den mondänen kolonialen Glanz vergangener Zeiten verblassen.

Nebel in den Bergen. Die Hitze der Küste ist hier nicht zu spüren.
Nebel in den Bergen. Die Hitze der Küste ist hier nicht zu spüren.

Alle 100 Meter höher, sinkt die Temperatur um einen Grad. So kommt Bokor auf dem Berg im heißen Sommer auf über 10° Unterschied zum Strand. Locker zieht meine Honda Phantom die Bergstraße hoch. Leicht bekleidet und ohne Helm genieße ich die Aussichten. Es ist eine Straße, die jede Eu-Norm einer europäischen Alpenstraße erfüllt, hier müssen Straßenbauer aus der Schweiz am Werk gewesen sein. Außer in zwei Haarnadel-Spitzkehren ziehe ich bergauf mit Vollgas durch die Kurven. Doch dann wird es langsam kalt, sehr kalt. Der Fahrwind unterstützt den Kälteeinbruch. Eine Regenwindjacke rettet mir den Aufenthalt. Verstaut und fast vergessen in den Motorradtaschen. Ich fahre durch die Nebelwand. Tröpfchen bilden sich auf der Jacke. Die Wand wird nicht mehr aufreißen und das alte Casino der Kolonialherren verschwindet zunehmend in den dichten Wolken und hinter der gutgemeinten Rekonstruktion. Die Nebel schiebt sich wie Milch an der Steilwand von Bokor nach oben und ergießt sich auf dem Plateau.

Bokor. Casino im Nebel
Bokor. Casino im Nebel –  Ludger Wimberg auf seiner Honda

Die Menschen hier sind begeistert. Picknick in den Wolken, einfach so, ohne Schattensuche. Ich denke an den aktuellen Winter zu Ostern in Deutschland, wende meine Maschine und fahre lächelnd zurück in die Tropen.
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oxly11: Besucht mal unser Fotoarchiv über Asien!

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