Noch strömt der Areng-Fluss in Kambodscha ungehindert von den Kardamom-Bergen ins Tal. Doch ein geplanter Staudamm bedroht die einzigartige Natur. Die staatliche Energiefirma China Guodian Corporation plant, am Oberlauf des Areng-Flusses in Kambodscha ein Wasserkraftwerk zu bauen. Für die Regenwald-Bewohner wäre der Cheay Areng-Damm eine Katastrophe. Ihr Lebensraum würde in dem Stausee versinken. Nicht nur die Menschen sind betroffen; bedroht ist auch die einheimische Flora und Fauna.
Von dem seltenen Siam-Krokodil gibt es weltweit nur noch einige Hundert Tiere. Die meisten von ihnen leben im Areng-Tal. Und die Menschen verlören ihre Heimat und müssten umgesiedelt werden. Aus wirtschaftlicher Sicht macht das Projekt kaum Sinn. Die Kosten wären größer als der Nutzen für das Land: 20.000 Hektar Regenwald sollen in den Fluten untergehen, die Hälfte davon im geschützten Kardamom-Wald.
Das Gebiet ist besonders artenreich. Mehr als 277 Tierarten wurden im Tal bestimmt, 31 sind weltweit bedroht. Dazu gehören u.a.: Asiatischer Elefant, Nebelparder, Siam-Krokodil, Asiatischer Gabelbart-Fisch und Malaienente. Die Erschließung des waldreichen Flusstales wäre die Eingangspforte für illegale Holzfäller und Wilderer. Fast 1.000 indigenen Khmer Daeum droht die Umsiedlung aus ihrer angestammten Heimat, die sie mit ihrer traditionellen Lebensweise bis heute erhalten haben.
Andere Energiefirmen haben das Projekt nach eingehender Prüfung abgelehnt. Denn neben den gewaltigen Umweltschäden sind die Baukosten für den Staudamm sehr hoch, während die geplante Leistung des Wasserkraftwerks mit 108 Megawatt gering ist. Sie kann den wachsenden Energiebedarf des Landes nicht decken. Doch die China Guodian Corporation möchte nun mit der Regierung von Kambodscha ein Abkommen für den Bau und Betrieb des Staudamm-Projektes schließen.
Angst vor Vertreibung im Volk Khmer Daeum
Yong Yims Stimme erhebt sich ein wenig schrill, wenn sie über die geplante Talsperre im Tal Areng spricht. Ihr Land, das ihre Familie seit Hunderten Jahren bewohnt, wirdüberschwemmt werden.
“Manchmal weine ich, weil ich meine Heimat und vor allem das Ackerland meine Vorfahren vermissen werde”, sagt sie und spuckt die Betelnuss aus. Einige Bäume und Sträucher in den Gipfeln des Kardamomgebirges tragen rot-weiße Absperrbänder. Chinesischen Ingenieure haben sie vor ein paar Wochen gespannt.
Yim, 65, entstammt einer Ansiedlung von Dörfer, bevölkert mit 380 Familien. Die meisten sagen, sie sind Chong und Phor, ethnische Minderheiten, die unter den Stamm des Khmer-Daeum fallen (bedeutet: ursprüngliche Khmer). Sie sind so isoliert, dass sie noch einen Dialekt sprechen, der, so glaubt man, von einer alten Khmersprache abgeleitet wurde, die nur hier erhalten geblieben ist. Ihre Vorfahren sind vor vor Hunderten von Jahren vor den Thai Invasoren in die komplett isolierten Kardamom Mountains geflohen. Jetzt sind sie bedroht von Zwangsumsiedlungen. Ihre angestammte Heimat wird unter Wasser versinken und weitere Bereiche der zentralen Kardamom, ein geschützter Wald (CCPF), werden durch die Auswirkungen der Wasserkraftdämme verwüstet. Bis heute gibt es drei Staudammprojekte, teilweise mit mehreren Stationen, an den Grenzen des von der CCPF geschützten Waldes.
Lee ist einer der Planungsingenieure. Er arbeitet an einem dieser Projekte und sagt, dass der Cheay-Arengdamm rasch voranschreitet.” Ich sprach vor kurzem mit dem Projektleiter des Staudamm Cheay Areng, und er sagte, dass in den nächsten Monaten (Ende 2013) Vertreter des Unternehmens mit der kambodschanischen Regierung das Projekt abschließend diskutieren werden.”
Lee, der unter den momentanen Bedingung seinen vollen Namen nicht gedruckt sehen möchte, sagte weiterhin. “Wenn alles gut geht, könnte im Juli 2014 der Baubeginn sein.”
Lee erwähnt, dass die Machbarkeitsstudie für den Staudamm Cheay Areng vor kurzem beendet worden sei, in Auftrag gegeben von der China Guodian Corporation, der riesigen staatseigenen Firma, die das Projekt übernahm, nachdem China Southern Power Grid 2010 aus dem Projekt ausgestiegen ist. Die Details dieser Studie, sagt Lee, zeigen, dass nicht umfassend untersucht wurde. Zu wenige bis keine Aspekte des Umweltschutzes sind behandelt, da für die hiesige Regierung “komplizierte Zusammenhänge” nicht erwünscht seien. Wiederholte Anfragen dazu ließ China Guodian Corporation unbeantwortet. Auch waren Verantwortliche dieser Firma telefonisch nicht zu erreichen. Frühere Studien, die für die Firma China Southern Power gemacht wurden, bewogen diese, das Projekt aufzugeben. Das Projekt sei nicht machbar. Umso bemerkenswerter, dass die jetzige Studie von einem 109-Megawatt-Wasserstauwerk ausgeht, gespeist durch einen 20.000 Hektar großen Stausee.
Das würde bedeuteten: Vernichtung von 10.000 Hektar geschützten Regenwald in den Kardamom-Mountains, das größte einzeln zusammenhängende Gebiet das Kambodscha noch hat, eine der letzten ursprünglich gebliebenen Zonen in Südostasien. Der 10.000 Hektar große Stausees würde nicht nur die Wald-Heimat der Khmer Daeum überschwemmen, sondern seltene bis einmalige Flora und Fauna für immer beseitigen. Ökologische Aspekte scheinen in der Kosten und Nutzen Rechnung keine Rolle zu spielen. Trotz massiver Folgen, wäre die Energieabgabe auffallend gering.